Ich habe es mir angewöhnt nicht ohne Kamera aufs Rad zu steigen, man weiß schließlich nie ob man nicht plötzlich vor DEM Motiv steht. Eine kleine Frühlingstour erwies sich letztens diesbezüglich als sehr fruchtbar und wurde zu einer Reise durch die Geschichte. Ich wollte den neuen Thayaradweg von Dobersberg nach Slavonice (CZ) erkunden, der wohl durch die schönste Landschaft führt, die diese Region zu bieten hat, allerdings ist die Natur im Waldviertel etwas spät dran, so dass Mitte April noch nicht recht viel blüht und sprießt. Daher habe ich den Fokus eher auf Historisches gelegt.
Dieser alte Waggon steht zusammen mit anderen Wracks auf einem Abstellgleis im Bahnhof Waldkirchen. Ich finde es großartig, dass man sich nicht verschrottet hat, sie erinnern an die alte Bahnlinie. Ihr fortschreitender Verfall hat etwas Geheimnisvolles und man muss sie einfach fotografieren.
Ein Stück weiter musste ich die Bahntrasse verlassen, weil man hier gerade noch am Asphaltieren war, ich nahm also einen Feldweg nach Fratres, dem letzten Ort vor der tschechischen Grenze. Hier kam mir dieser alte “Stodl” vor die Linse, er neigt sich schon recht lebensmüde gegen den Hang.
Rund um Slavonice finden sich entlang der Grenze kleine Bunker, die aus den Jahren 1935 bis 1938 stammen. Im Wald westlich des netten Städtchens (an der Straße Richtung Stalkov) liegt ein Freilichtmuseum, hier wurde ein Teil der alten Grenzbefestigungen komplett wieder hergestellt.
Ich war der einzige Besucher zwischen Stacheldraht, Panzersperren und Bunkern, der Ort hat zugegebenermaßen etwas Beklemmendes. Bei Regen und Nebel bestimmt noch mehr, als bei strahlendem Sonnenschein.
Folgt man dem Waldweg vom Bunkermuseum weiter, an vier Fischteichen vorbei, kommt man zur Ortswüstung Pfaffenschlag (klappt auch über die andere Seite von der Straße nach Stalkov aus, dort gibt es auch einen deutlich sichtbaren Wegweiser, beim Weg durch den Wald musste ich mehrmals die zuvor abfotografierte Karte konsultieren). Die Gegend um Slavonice wurde um 1270 mit bayrisch-österreichischen Bauernfamilien besiedelt, aus dieser Zeit stammt auch der Ort Pfaffenschlag. In den 16 Häusern an beiden Seiten eines Baches (heute ein Teich) lebten wohl 100 bis 120 Menschen. Den reichlichen archeologischen Funden zu Folge wurde das Dorf beim Kriegszug der Hussiten 1423 fluchtartig verlassen. Die Angreifer brannten die Häuser dann nieder, die Siedlung gab man daraufhin auf. (Quelle: Archeologie Thayaland, Museum für Urgeschichte Asparn / Zaya, 2009)
Pfaffenschlag wurde 1960 wiederentdeckt und über 10 Jahre hinweg mit Hilfe von Schülern der Schule in Slavonice ausgegraben. Dabei fand man auch die Reste einer noch älteren slawischen Siedlung (11. bis 12. Jhd). Zwei Hinweistafeln erklären ausführlich (auch auf deutsch) die Geschichte der archeologischen Stätte. Direkt am Waldrand neben der Ausgrabung findet sich übrigens auch einer der Zwischenkriegs-Bunker, den man sogar betreten kann (sofern man sich traut.)
Die hier von mir beschriebene Rad-Runde, von Dobersberg ausgehend und wieder zurück, ist etwa 40km lang. Für kulinarische Pausen bieten sich Slavonice oder die Casa Angelina in Fratres an (“das etwas andere Dorfwirtshaus”).
Ist diese Route in einer aktuellen Radkarte zu finden? Wenn nicht, sollte man sie sofort als Tourenempfehlung darin aufnehmen und zwar genau so wie du sie beschrieben und empfohlen hast!Super!
L.G.
Bernadette Gundacker
Liebe Bernadette, da ich die aktuellen Radkarten leider nicht kenne (ich fahre immer recht wild drauf los), kann ich das nicht beantworten. Aber ich gebe natürlich jederzeit gern Auskunft zu den Details meiner Route.